Jérôme Reuter scheint gar nicht anders zu können: seine bisherigen Alben unter dem Namen ROME sind weit entfernt vom Mainstream und lassen sich in keine gängigen Kategorien einordnen. Zum 20-jährigen Bestehen hat er erneut etwas Außergewöhnliches geschaffen. Auf zwei LPs, "The Tower" und "The Hierophant", bietet er eine einzigartige Perspektive auf die Gegenwart und das menschliche Innere. Hier verschmelzen Klang und Tiefgang zu einem Erlebnis, das gleichermaßen Ohr und Verstand anspricht.
Review (Platte des Monats Dezemeber 2025):
Rome - The Tower & The Hierophant (Vinyl)
Rome - The Tower (LP, 180g Vinyl)
Trackliste "The Tower"
Seite 1
1. The Twine And The Twist
2. To The Great Work Only
3. Twilight Leaves
4. The Lighthouse And The Catacombs
5. This Slaughter Behold
Seite 2
6. Remember To Dare
7. Mine Were Of Marble
8. The Baron (Ordeal by Fire)
9. Ire And Troth
10. This Hour Her Vigil
Es ist leicht nachzuvollziehen, warum Jérôme Reuter eine so treue und begeisterte Fangemeinde hinter sich vereint. Seine tiefe, markante Stimme allein zieht viele in ihren Bann. Doch es ist nicht nur die Stimme: Mit seinem Projekt ROME – unterstützt von Tom Gatti am Bass und Synthesizer – hat der Luxemburger einen unverwechselbaren Stil geschaffen. Dieser bewegt sich irgendwo zwischen düsterem Neo-Folk, atmosphärischem Ambient und introspektivem Singer-Songwriter. Oder, wie die beiden es selbst nennen: Chanson Noir, inspiriert von legendären Chansonniers wie Jacques Brel und Léo Ferré.
Reuter's Texte sind oft von tiefgründiger, philosophischer Natur und zeichnen sich durch eine poetische Sprache aus, die viel Raum für Interpretationen lässt. Dies gilt auch für das Album "The Tower". Das Cover zeigt einen mittelalterlichen Turm, dessen Wurzeln sich tief in die Erde graben wie die eines Baumes. Doch für Reuter ist dieser Turm kein reales Bauwerk, sondern ein kraftvolles Symbol – ein Sinnbild für Widerstand und Standhaftigkeit, vielleicht auch für die Bewahrung der inneren Existenz. Ein Bollwerk, das unerschütterlich allen Stürmen trotzt.
Musikalisch setzt ROME auf bewusst zurückhaltende Arrangements. Die akustische Gitarre steht im Vordergrund und begleitet Reuter's charismatischen Gesang. Gattis Bass- und Synthesizer-Einsätze sind subtil, fügen sich jedoch nahtlos in ein dichtes klangliches Geflecht ein, das sich erst über mehrere Durchläufe in seiner ganzen Tiefe entfaltet. So offenbaren die Songs, die zunächst ähnlich erscheinen mögen, bei wiederholtem Hören immer neue Facetten und Details.
"The Tower" ist ein Album, das die Sinne berührt und lange nachklingt – ein Werk, das weit über das Ende der letzten Note hinaus nachwirkt.
Rome - The Hierophant (LP, 180g Vinyl)
Trackliste "The Hierophant"
Seite 1
1. Secret Harbour
2. The Harvest Is Not Here
3. Days Of Assembly
4. On Sorrow’s Embankment
5. The Chalice And The Blade
Seite 2
6. When Light Be Gone
7. The Great White Hopeless
8. My Frail Ambassador
9. The Gods Are Slow To Forgive
10. Apollo Of Hyperborea
Das zweite Werk dieser Doppelveröffentlichung, "The Hierophant", kann als das mystische Gegenstück zum eher introvertierten "The Tower" betrachtet werden. Das Albumcover zeigt einen alten Mann, gehüllt in einen weiten Mantel, der auf einem Thron sitzt. Auf seinem Kopf ruht eine eigenwillige Krone, in seiner linken Hand hält er einen Stab mit daran befestigten Knochen, während er in der rechten ein Zepter trägt. Seine parallel zueinander ausgestreckten Zeige- und Mittelfinger unterstreichen die symbolische Haltung. Der Begriff "Hierophant" stammt aus dem Griechischen und bezeichnet einen Hohepriester; eine ähnliche Figur begegnet uns auch auf Tarotkarten. Doch was möchte uns Jérôme Reuter mit dieser Darstellung sagen?
Auch bei diesem Album zeichnen sich die Texte durch eine schwer zu fassende, tief gehende Bedeutung aus, die ihm eine geheimnisvolle Aura verleiht. Der Pressetext beschreibt die Songs so: "In jenen Tagen der Sammlung („Days of Assembly“) beginnt seine Reise im geheimnisvollen Hafen („Secret Harbour“), bewegt sich entlang des Ufers der Trauer („On Sorrow's Embankment“) und führt schließlich zu seiner erlösenden Entgrenzung im mythischen Norden („Apollo of Hyperborea“). Es ist ein geistiges Reisetagebuch, geprägt von der Suche nach einem Einklang zwischen Wort und Welt, durch die Augen eines zerbrechlichen Gesandten („My Frail Ambassador“), der als Deuter der ältesten Gesetze und Lichtträger durch die Dunkelheit der Zeit schreitet." Geheimnisvoll, oder?
Musikalisch knüpft "The Hierophant" an den Stil von "The Tower" an, ist jedoch etwas weniger düster und dafür deutlich rätselhafter. Wer sich intensiv mit dieser Platte auseinandersetzt, entdeckt eine Vielzahl an künstlerischen Ebenen. Die Akustikgitarre ist dabei nur eines von vielen Elementen, die das dichte und faszinierende Klangbild formen.
Zusammen ergeben diese beiden Alben die Platte des Monats Dezember 2025 – ein Werk, das die perfekte Harmonie aus Tiefe, Mystik und musikalischer Vielfalt vereint!
Fakten
• Veröffentlichung: 19. Dezember 2025
• Label: Trisol Music Group
• Katalog-Nummer: TRI841LP + TRI843LP
• Pressung: optimal media
• Pressqualität*: 3-4
• Inhalt: je 180g Vinyl
• Besonderheit: Innenhülle mit Songtexten bedruckt, jeweils auf 500 Stück limitiert
• Aufnahmen: 2025 im Unison Studios in Luxemburg
• Genre: Neo Folk, Folk Noir, SingerSongwriter
Besetzung
• Jerome Reuter - vocals, guitar, percussion
• Tom Gatti - bass, synthesizer, sound design
* Pressqualität 1-5:
1= starke Nebengeräusche, deutlich sichtbare Pressfehler
5= keinerlei Nebengeräusche, optisch perfekt
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