Ein unerwartetes Klangerlebnis und Geheimtipp für alle, die nach "bezahlbaren" normalen Pressungen mit herausragendem Sound suchen: "Map Of A Blue City"! Die neue Schallplatte des US-amerikanischen Gitarristen Marc Ribot ist gleichzeitig ein kreatives, feinsinniges und emotionales Statement fernab musikalischer Schubladen, bei dem er auch mit rauem, dunklem Gesang den Songs einen ganz eigenwilligen Charakter verleiht.

Review: Marc Ribot - Map Of A Blue City (Vinyl)

Trackliste
Seite 1
1. Elizabeth 2:12
2. For Celia 4:11
3. Say My Name 4:01
4. Daddys Trip To Brazil 3:53
5. Map Of A Blue City 6:24
Seite 2
6. Death Of A Narcissist 4:42
7. When The World's On Fire 4:34
8. Sometime Jailhouse Blues 6:25
9. Optimism Of The Spirit 6:56
Marc Ribot - Map Of A Blue City (LP, Vinyl)
Die Diskografie von Marc Ribot ist nicht nur beeindruckend, sondern auch außergewöhnlich umfangreich. Besonders hervorzuheben sind seine Beiträge zu zahlreichen wegweisenden Alben. So wirkte er an sieben LPs von Tom Waits mit, darunter Meisterwerke wie "Rain Dogs", "Big Time" und "Mule Variations". Weitere Highlights sind "No Drums 92" gemeinsam mit Lou Reed und Greg Cohen (1992), "Raising Sand" mit Robert Plant und Alison Krauss, sowie Norah Jones’ "The Fall" – um nur einige Beispiele zu nennen. Zudem ist Ribot auf weit über hundert Jazz-Alben vertreten und arbeitete unglaubliche 46 Mal mit dem US-amerikanischen Komponisten, Bandleader und Multi-Instrumentalisten John Zorn zusammen.
Jazz ist zwar auch ein Bestandteil von "Map Of A Blue City", doch die meisten Stücke bewegen sich eher im Bereich des Avantgarde-Stils. Die Musik wirkt eigenwillig und kantig, bringt dabei aber auch einen Singer-Songwriter-Charakter mit sich. Besonders auffällig ist, dass Ribots Stimme in diesem Werk eine zentrale Rolle einnimmt – etwas, das in dieser Intensität ungewöhnlich ist, da seine Performances oft rein instrumental geprägt sind.
Die Instrumentierung bleibt dabei bewusst minimalistisch. Einige Tracks, wie "For Celia", "When The World's On Fire" und "Sometime Jailhouse Blues", bestehen sogar nur aus seiner Stimme, Gitarre und gelegentlichen Overdubs. Seine Interpretation von Allen Ginsbergs Gedicht "Sometime Jailhouse Blues" ist ein Paradebeispiel für sein elegantes Akustikgitarrenspiel. Die Worte des Gedichts werden halb gesprochen, halb gesungen – doch der Fokus bleibt auf den feinen Klängen der Gitarre. Den Abschluss des Albums bildet "Optimism Of The Spirit", ein rein instrumentales Stück, in dem Ribot seine avantgardistische Seite voll auslebt. Verzerrte Klänge, Drumbeats und eine apokalyptische Soundcollage aus Schlagzeug und Percussion schaffen hier ein intensives Hörerlebnis.
"Map Of A Blue City" ist kein leicht zugängliches Album, nicht zuletzt wegen seiner oft düsteren Atmosphäre. Doch gerade diese Herausforderung macht es so spannend. Die musikalischen Überraschungen und Wendungen, die Ribot zusammen mit seinen Mitspielern voller Kreativität und Einfallsreichtum umsetzt, machen das Werk zu etwas Einzigartigem. Nach dem Durchhören der neun Songs ist es fast unumgänglich, das Gehörte erst einmal wirken zu lassen – und dann wieder von vorne zu beginnen, um die wahre Kraft dieses Albums zu erfassen.
Fakten
• Veröffentlichung: 30. Mai 2025
• Label: New West Records
• Katalog-Nummer: NW5911
• Pressung: MPO
• Pressqualität*: 4
• Inhalt: 140g Vinyl
• Besonderheit: Innenhülle bedruckt
• Aufnahmen: diverse Studios in USA
• Genre: Avantgarde Pop/Jazz, Gitarre
Besetzung
• Marc Ribot - Gitarre, Gesang
• Christina Courtin - violin (1,4)
• Christopher Hoffmann - cello (1,4)
• Greg Lewis - Hammond B3 organ (3)
• Tony Lewis - drums (3)
• David Pilch - bass (3,4)
• Doug Wieselman - flute & Saxophone (4)
• Ted Reichman - accordion (4)
• Jeremy Austin - drums (4)
• Ches Smith - Glockenspiel (5)
• Eszter Balint - background vocals (6)
• Francois Lardeau - drums & percussions (9)
* Pressqualität 1-5:
1= starke Nebengeräusche, deutlich sichtbare Pressfehler
5= keinerlei Nebengeräusche, optisch perfekt
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