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05
Nov 2020
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- Kategorie: Fan - Rezensionen
- Geschrieben von Manfred Krug
Review: Jazz On Vinyl - Volume 4 / Offbeat
Musik live zu erleben, ist uns derzeit während der Pandemie kaum möglich. Um so reizvoller sind Schallplatten, die so lebendig klingen, als säßen die Musiker im Hörzimmer. „Volume 4 / Offbeat“ ist so eine! Die LP-Reihe Jazz On Vinyl hat damit wieder ein weiteres Schmuckstück zu bieten. Die Rezension dazu.
Jazz On Vinyl - Volume 4 / Offbeat (LP, 180g Vinyl)
Für alle Musikfreunde, welche diese Serie des bayerische Plattenlabel „Jazz On Vinyl“ noch nicht kennen, stelle ich hier noch einmal die Besonderheiten dieser LPs und deren Entstehung vor. Denn auch wenn der Titel recht unspektakulär klingt, so ist das Ergebnis des betriebenen Aufwandes im höchsten Maß bemerkenswert. Manch einer würde es wohl als sensationell bezeichnen, doch ich neige wenig zum Übertreiben und stelle lediglich fest: es gibt nicht so viele zeitgenössische Vinyl-Produktionen dieser Qualitätsgüte!
Musiker live zu Besuch
Tonmeister und Label-Inhaber Dominique Klatte geht bei diesen LP-Aufnahmen den unbequemen, aber völlig konsequenten Weg der rein analogen Produktionen. Dieser beginnt bereits bei der Wahl der Aufnahmeorte und der Mikrofone, die dort zum Einsatz kommen sowie den mobilen, sehr exquisiten Gerätschaften. Herzstück ist natürlich die Bandmaschine: eine Studer 807, die zusammen mit dem Studer Mischer 961 und einigen weiteren Exponaten analoger Technik für den feinen Klang verantwortlich sind. Damit wird alles live eingespielt, es gibt keine nachträglichen Korrekturen, keine Overdubs, keine „Spielereien“ mit dem Computer. Und damit beim Schneiden, wofür eine Neumann VMS 70 zuständig war, alles optimal läuft, wurden pro Plattenseite nur maximal 16 Minuten Spieldauer untergebracht. Die Dynamik und die minimalen Verzerrungen sind das Resultat dieser Bemühungen.
Pfarrsaal Erding / Klettham
Die Räume, in denen solche Einspielungen stattfinden, sind natürlich ganz entscheidend für das Gesamtergebnis. Klatte musste dazu gar nicht weit reisen, alle drei Adressen lagen in seinem Heimatort Erding. Dazu gehörte der große Pfarrsaal Klettham mit einem deutlich vernehmbaren Hall, eine gute Grundlage für das Quartett Fainschmitz aus Wien. Die entstandene Atmosphäre hat schon unglaubliches Live-Feeling, als säße man in der ersten Reihe und genießt dabei jede Note und deren Widerhall im Raum. Mit ihrem faszinierenden Gypsy Swing „Walking On The Burk Side“ eröffnen die vier Musiker dieses Album. Besonders der gezupfte und sehr präsente Kontrabass von Martin Burk hat es mir angetan. Bei ihrer zweiten Nummer „Cheesy Blues“ hat Trompeter Alexander Kranabetter einen herrlichen Melodie-Part, den dann Klarinettist Matthias Vieider sehr schön aufgreift.
Sempt Kurier Druckerei / Erding
Weiter gehts in ein altes Industriegebäude mit seinen massiven Mauern, das einst eine Druckerei des „Sempt Kurier“ beherbergte. Der rund 110m² kleine Raum hat direkten Nachhall, was den Sound sehr unmittelbar und dynamisch macht. Das ist sehr gut bei dem melancholischen und doch hinreissenden Sinti-Stück „Le Vieux Tzigane“ zu erleben: die Gitarre von Reimo Oberth klingt so direkt, als säße er nur drei Meter vor dem Hörplatz. Später nahm dann das Trio Allègresse mit zwei Gitarren und Kontrabass dort Platz, um uns mit drei Songs zu verwöhnen. Denn schon bei der packenden Gypsy-Nummer „Swing Gitan“ schnalzen uns die Saiten nur so um die Ohren, das macht Laune! Höhepunkt der Schallplatte ist für mich dann ihre swingende Version des berühmten „Mr. Sandman“, unweigerlich hat man den Gesang der Chordettes im Ohr und möchte mitpfeifen. Allègresse bilden dann auch den Abschluss der Platte mit „Douce Ambiance“, einer alten Django Reinhardt-Komposition.
Großen Saal der Kreismusikschule Erding
Das Duo BÖF (Bayerisch Österreichischer Feinklang) durfte dann im großen Saal der Kreismusikschule auf die Bühne steigen. Ihr „African Sun“ wirkt musikalisch zunächst etwas außer der Reihe gegenüber den restlichen eher Swing- und Gypsy-orientierten Stücken, fesselt dann aber aufgrund der tollen Kombi aus Klarinette und Akkordeon. Die musikalische Brücke zwischen Afrika und Österreich ist damit mehr als gelungen! Ihre zweite Nummer auf der Platte, „Una Canzone Gentile“ ist in seiner Art dem Klezmer zuzuordnen, der wehmütige und doch verspielte Klang der beiden Instrumente ist schon sehr berührend. Wunderbar, den Beiden zuzuhören.
Egal, wo hier die Aufnahmen stattfanden, allesamt vermitteln uns den so lebendigen Eindruck, als wären die Musiker live in unserem Hörzimmer zu Besuch. Mehr denke kann man von einer Schallplatte eigentlich nicht erwarten.
Fakten
Erstveröffentlichung: November 2020
Label: Jazz On Vinyl
Bestell-Nummer: KLATTE 004
Pressung: MY45
Pressqualität*: 4-5
Inhalt: 180g Vinyl, Download-Code
Besonderheit: rein analog produziert, auf 1000 Stück limitiert, Cover handnummeriert.
Besetzung
Fainschmitz:
Matthias Vieider - Klarinette, Saxophon
Alexander Kranabetter - Trompete, Flügelhorn
Jannis Klenke - Gitarre
Martin Burk - Kontrabass
Reimo Oberth - Sologitarre
Allègresse:
Michael Gerle - Sologitarre
Markus Drescher - Rhythmusgitarre
Joschi Hofmann - Kontrabass
BÖF - Bayrisch Österreichischer Feinklang:
Michaela Bauer - Accordeon
Markus Renhart - Klarinette
Trackliste
Seite 1
1. Walking On The Burk Side (Martin Burk / Fainschmitz) 3.15
2. Le Vieux Tzigane (Traditional / Reimo Oberth) 3.21
3. Swing Gitan (Traditional / Allègresse) 2.35
4. African Sun (Matthias Anton & Hans-Günther Kölz / BÖF) 4.21
Seite 2
5. Cheesy Blues (Martin Burk - Arnold Christian / Fainschmitz) 3.07
6. Mr. Sandman (Pat Ballard / Allègresse) 4.16
7. Una Canzone Gentile (Alois Riedelsperger - Markus Renhart / BÖF) 4.00
8. Douce Ambiance (Django Reinhardt / Allègresse) 2.50
* Pressqualität 1-5:
1= starke Nebengeräusche, deutlich sichtbare Pressfehler
5= keinerlei Nebengeräusche, optisch perfekt
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