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24
Apr 2020
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- Kategorie: Fan - Rezensionen
- Geschrieben von Manfred Krug
Review: Avishai Cohen - Big Vicious (Vinyl)

Foto: Sam Harfouche / ECM Records
Mit dieser LP verbreitert ECM Records einmal mehr das bereits schon umfangreiche Repertoire. Avishai Cohen dehnt den Begriff Jazz mit der LP „Big Vicious“ deutlich aus, attraktiv und trotz des musikalisch hohen Niveau auch erstaunlich zugänglich. Die Review.
Avishai Cohen - Big Vicious (LP, 180g Vinyl)
Wie macht man einen Song ohne Gesang? Eine Melodie, die dramatisch zu explodieren scheint und doch so schlicht und einfach wirkt? Avishai Cohen hat mit seiner Band Big Vicious die Antwort auf diese Frage - die gleichnamige Debüt-LP dieser Formation „Big Vicious“. Der Jazz wird von den Jungs um Elemente aus Rock, Pop, Ambient, TripHop und Electronica erweitert. Das Ergebnis ist nicht nur faszinierend, sondern klingt in der Vinyl-Variante auch noch absolut genial!
Ein musikalisches Kaleidoskop - genial arrangiert.
Schon die Cover-Grafik des israelischen Illustrators David Polonsky deutet an, dass „Big Vicious“ etwas anders ist. Nicht, dass die Besonderheiten einer ECM-Schallplatte verloren gingen - sie wurden hier einfach nur um einige Faktoren erweitert. Die Ästhetik der Plattencover wurde genial fortgesetzt, die Klangeigenschaften natürlicher Instrumente um elektronische Sounds ergänzt und die melodischen Strukturen in andere Bahnen gelenkt. Zwar gab es ähnliches durchaus schon in der Geschichte von ECM, dennoch ist es in der Summe hier etwas Einmaliges.
Manches aus diesen elf Stücken hat den Charakter eines Soundtracks, einer Filmmusik. Anders als bei den meisten Jazz-Einspielungen stehen hier keine Soli im Mittelpunkt, sondern das gemeinsame Wirken der Band. Es leben bestimmte Stimmungen auf, z.B. glaubt man am Anfang von „Hidden Chamber“, wenn das wuchtige Schlagzeug einsetzt, das sei der Beginn einer epischen Rocknummer. Der Song fließt allerdings entspannt dahin, getragen von einer sehnsüchtigen Trompete und mit Elektroniktupfern garniert.
Sind in einem Track wie „King Kutner“ die Arrangements quirliger und etwas vertrackter, so sind sie in anderen wieder sanfter und melodiöser. Die Gitarren haben dabei immer wieder einen erstaunlich hohen Stellenwert, was diese LP auch für Rockfans hörbar macht. Ein musikalisches Highlight ist für mich die „Moonlight Sonata“ (Ludwig van Beethoven), deren Melodie so hinreissend schön ist und auf elegante Weise klassische Motive mit Jazz und episch gespaltete Popmusik verbindet.
Eine so verträumte Nummer wie „The Things You Tell Me“ versüßt definitiv jeden Tag, ein weiteres Beispiel dafür, wie Avishai Cohen mit seiner Band auf großartige und zugleich schlichte Art und Weise Stimmungen schaffen kann. Ein weiterer Höhepunkt ist zweifellos die Coverversionen eines Massive Attack-Songs: „Teardrop“: den bezaubernden Gesang von Elizabeth Fraser im Original übernimmt bei dieser Einspielung die Trompete von Cohen. Genial ist hier auch, wie die Balance aus Halleffekten, flächigen Sound und dem natürlichen Klang der akustischen Instrumente gelungen ist - beim Schlagzeug glaubt man förmlich die Felle schwingen zu sehen!
Aufgenommen wurde diese LP wieder in den Studios La Buissonne in Südfrankreich, wo schon viele ganz exzellente Schallplatten von ECM entstanden. Die Kompositionen - gemeinsam von der Band geschaffen - hingegen wurden zusammen im Studio des Tel Aviver Musiker-Produzenten Yuvi Havkin gestaltet. Sein Einfluss ist unüberhörbar und gehört zum Entstehungsprozess einer Platte, die vermutlich auch viele junge Hörer ansprechen dürfte.
Fakten
Veröffentlichung 4. Mai 2020
Label: ECM Records
Bestell-Nummer: ECM 2680
Pressung: Record Industry
Pressqualität*: 5
Inhalt: 180g Vinyl
Besonderheit:
Aufnahmen: August 2019 in den Studios La Buissonne in Südfrankreich
Besetzung
Avishai Cohen - Trumpet, Effects, Synthesizer
Uzi Ramirez - Guitar
Yonatan Albalak - Guitar, Bass
Aviv Cohen - Drums
Ziv Ravitz - Drums, Live Sampling
Trackliste
Seite 1
1. Honey Fountain 4:34
2. Hidden Chamber 4:42
3. King Kutner 4:10
4. Moonlight Sonata 5:30
5. Fractals 3:33
6. The Things You Tell Me 3:11
Seite 2
7. Teardrop 7:24
8. This Time It’s Different 3:20
9. Teno Neno 6:03
10. The Cow & The Calf 3:55
11. Intent 4:03
* Pressqualität 1-5:
1= starke Nebengeräusche, deutlich sichtbare Pressfehler
5= keinerlei Nebengeräusche, optisch perfekt
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