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Ry Cooder - Jazz | Die Review zur Weißpressung

Wenn sich ein Musiker wie Ry Cooder dem Jazz widmet, darf man gespannt sein. Bei seiner 1976 erstmals erschienenen Schallplatte „Jazz“ geht es allerdings keineswegs um authentische Aufarbeitung der Musikgeschichte, sondern um seinen persönlichen Blick in vergangene Epochen. Und wir dürfen uns heute auf eine glänzende Vinyl-Wiederauflage freuen, die eine Suche auf teurere Originale unnötig macht.

 

Ry Cooder - Jazz (LP, 180g Vinyl)

Vinyl-Sammler dürften feuchte Hände bekommen, wenn vor ihnen eine Ausgabe der MFSL-Version aus dem Jahre 1984 liegt, manch einer würde dafür einige Hundert Euro ausgeben. Seit den Erstveröffentlichungen gab es jede Menge LP-Ausgaben aus verschiedenen Ländern, manche sind heute sehr rar und andere noch einigermaßen gut zu bekommen. Ich selbst besitze erstaunlicherweise keine einzige dieser Varianten und bin daher unvoreingenommen, was die klangliche Qualität dieser neuen Speakers Corner-Auflage betrifft. Um es kurz zu machen: sie ist wunderbar!

 

Klangzauber und Musikgeschichte

Ry Cooder Jazz 180g Vinyl Reissue 2019Für das Mastering verwendete der allseits bekannte Toningenieur Kevin Gray das analoge Masterband, sein Equipment ist natürlich rein analog. Und genauso klingt es! Feinsinnig, samtweich und brutal exakt zugleich, Klangfarben treten genüßlich zutage und die Aura um jedes Instrument ist schlicht atemberaubend. Hier könnte diese Rezension eigentlich fast schon enden, denn die Frage eines heutigen Vinyl-Käufers wäre damit ja bereits beantwortet: diese LP lohnt sich.

Aber schließlich geht es um etwas wesentlich Entscheidendes: wie wird der musikalische Inhalt transportiert und worum geht es bei „Jazz“ eigentlich? Letzteres ist bedeutsam für alle, die diese LP noch nicht kennen. Ry Cooder hat mit diesen elf Stücken die Jazz-Historie aufgegriffen, jedoch nicht kopiert. Die Songs wirken oldschool, wie aus alten Tagen eines Django Reinhard, Jelly Roll Morton oder Lonnie Johnson herausgefiltert. Trotzdem aber ergibt sich im Laufe der Platte ein ganz eigenes Feeling, welches einem Ry Cooder-Fan bereits von vielen anderen seiner LPs bekannt ist.

Es ist der Klangzauber seines Gitarrenspiels, egal ob Slide oder Dobro, der uns immer wieder in den Bann schlägt. Auch am Banjo oder der Mandoline zeigt Cooder, dass er sich sowohl im Bluegrass als auch im Ragtime wohl fühlt. Mit feinem Swing führt er uns zusammen mit einer bemerkenswert großen Zahl an weiteren Musikern durch die Welt des Jazz, die schon mal bis an den Anfang des 20. Jahrhunderts zurückführt. Cooders Version der Bert Williams-Komposition „Nobody“ ist schlicht brillant. Wenn er der vokalen A cappella Einleitung mit der Gitarre bluesige Töne hinzufügt, geht davon schon eine große Faszination aus.

Überhaupt überzeugt dieses Album durch seine instrumentelle Vielfalt, auch abzulesen in der untenstehenden Besetzung. Von Saxofonen über Tuba und Vibrafon oder Bassklarinette erleben wir einen erstaunlichen Klangreichtum, der sich im stilistischen Kaleidoskop widerspiegelt. Sowohl New Orleans, Ragtime, Dixie als auch Bebop und selbst Karibik-Feeling sowie Kuba-Rhythmen sind Teil dieser „Jazz“-Adaptionen. Ry Cooder würdigt mit dieser Platte die alten Vorbilder, gibt auf seine Weise Geschichtsunterrichts. Das geschieht ohne jeglichen biederen Staub auf die alten Songs, sondern mit bunter Vielfalt und flüssig-swingenden Melodien - eben typisch Cooder!

 

Ry Cooder Jazz 180g Vinyl Reissue 2019 Beilage 

Die Beilage in der LP

 

Fakten

Veröffentlichung Reissue: 15. Oktober 2019
Erstveröffentlichung: 1976 (BSK 3197)
Label: Warner / Speakers Corner
Bestell-Nummer: 3197
Pressung: Pallas
Inhalt: 180g Vinyl
Besonderheit: Beiblatt


Besetzung

Ry Cooder - guitar, Dobro, vocals, mandolin, tiple, harp
Harvey Pittel - alto saxophone, clarinet (tracks A1, B1, B3, B4)
Pat Rizzo - alto saxophone (track A1)
Bill Hood - bass saxophone (track A1)
George Bohanon - baritone horn (tracks A2, A5, B6)
Randy Aldcroft - trombone (track A1)
Oscar Brashear - cornet (tracks A2, A5, B6)
Mario Guarneri - cornet (track A1)
Red Callender - tuba (tracks A2, A5, B6)
David Sherr - bass clarinet (tracks B1, B3, B4)
Willie Schwartz - clarinet (track B4)
Tom Collier - marimba, vibraphone (tracks A4, B1, B3, B4)
Stuart Brotman - cimbalom (tracks A2, A5, B6)
John Rodby - piano (track A1, B4)
David Lindley - banjo, mandolin (tracks A2, A5, B6)
Barbara Starkey - pump organ (tracks A2, A5, B6)
Tom Pedrini - bass (tracks B1, B3)
Chuck Domanico - bass (track A4)
Earl Hines - piano (track A4)
Chuck Berghofer - bass (track B4)
Mark Stevens - drums (tracks A1, A2, A4, A5, B4, B6)
Simon Pico Payne - backing vocals (tracks B4, B5)
Jimmy Adams - backing vocals (tracks B4, B5)
Cliff Givens - backing vocals (tracks B4, B5)
Bill Johnson - backing vocals (tracks B4, B5)

Aufnahme 1977 in den Amigo Studios in North Hollywood, USA


Trackliste

Seite 1

1 Big Bad Bill Is Sweet William Now 3:34
2 Face To Face That I Shall Meet Him 3:16
3 The Pearls / Tia Juana 4:18
4 The Dream 5:03
5 Happy Meeting In Glory 3:13

Seite 2

6. In A Mist 2:05
7. Flashes 2:17
8. Davenport Blues 2:01
9. Shine 3:43
10. Nobody 5:07
11. We Shall Be Happy 3:13