Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv
 

Ganz großes Kino: "Everywhere We Looked Was Burning" Foto: James Mountford

Die vielleicht beste LP von Dead Can Dance, die nicht von Dead Can Dance stammt: „Everywhere We Looked Was Burning“! Wer jetzt verwirrt ist, der nehme den Namen Emel Mathlouthi als meinen ganz besonderen Tipp auf und lese diese Review zur Vinyl-Ausgabe dieses faszinierenden Albums einer tunesischen Sängerin.

 

Emel Mathlouthi - Everywhere We Looked Was Burning (LP, Vinyl)

Wer nun glaubt, bei „Everywhere We Looked Was Burning“ kämen nun typisch nordafrikanische Rhythmen und folkloristisches Gepräge zu Tage, der dürfte überrascht sein. Stell dir eher eine Mischung aus Loreena McKennitt, Björk und eben Dead Can Dance vor, dann wirst du dem Geschehen auf der Schallplatte recht nahe sein. Die klare, mal dunkle und dann wieder sehr weibliche Stimme der tunesischen Sängerin Emel Mathlouthi und die breiten, großflächigen Sounds weisen weit mehr auf europäische, fast schon nordische Traditionen hin.

 

Zurück zur Kraft der Natur

Emel Mathlouthi Everywhere We Looked Was Burning VinylDie schwierige Zeit ihrer Kindheit mit der landestypischen Erziehung im nordafrikanischen Tunesien war prägend für Emel Mathlouthi. Sobald sie daraus entrinnen konnte, landete Emel in einer High-School-Heavy-Metal-Band. Dann kamen Berührungen zu Elektronikproduktionen und auch gleich der große Durchbruch: das Stück „Kelmti Horra (My Word is Free)“ wurde während der Revolution in Tunesien 2011 millionenfach angesehen - es avancierte zur Hymne für den Arabischen Frühling! 2015 sang sie dieses Stück bei einem Friedensnobelpreis-Konzert und erntete dafür riesigen Applaus.

Mittlerweile lebt Emel mit ihrer Familie in New York. Für die Aufnahmen mietete sie sich jedoch ein Haus in Woodstock, verbrachte die Zeit in Wäldern und kam dort wieder zu dem zurück, was ihr wichtig ist: die Natur und ihre Elemente. Erde, Wind, Wasser und Feuer. Hört man sich die Musik dieser LP, bekommt man einen großartigen Eindruck davon, wie kraftvoll sie aus diesen vier Elementen schöpft, um die zehn Songs von „Everywhere We Looked Was Burning“ zu kreieren. Natürlich hatte sie mit den Produzenten Steve Moore und Ryan Seaton wichtige Leute dafür, es in spannende Arrangements umzusetzen. Ausserdem wirkten Musiker wie Ash Koosha, Karim Attoumane und Amine Metani sowie Streicher mit.

Mit ihrer so ausdrucksstarken Musik möchte sie ein kunstvolles und poetisches Gegenstück zur Zerstörung der Natur durch den Menschen schaffen. Sie verwendet dabei (bis auf zwei Tracks in arabisch) zum ersten Mal die englische Sprache, um damit auch den früheren Einfluss durch Ikonen der Musikgeschichte einen Stellenwert zu geben: Joan Baez, Janis Joplin, Bob Dylan, Sinéad O'Connor, The Cranberries und Alanis Morissette.

Dass dabei neben elektronischen Sounds auch akustische Instrumente eine wichtige Rolle spielen, geht bei dem Gesamtwerk dieser Schallplatte fast schon unter. Man ist schlichtweg zu fasziniert von diesem Zusammenspiel von Gesang, Klangskulturen und epischen Momenten. Wo hier noch einfache Melodien im Stile einer Tori Amos auftauchen, sind dort die breiten Arrangements überwältigend. Für mich ist das großes Kino und als Fan von Dead Can Dance ein wahres Prachtstück! Westliche Popmusik trifft auf Weltmusik, keltische Motive auf arabische Folkelemente.

Die Pressung ist bei meinem Testexemplar nicht überragend, aber weitgehend ok. Klanglich hingegen ist diese Schallplatte auf jeden Fall auf der höchst positiven Seite und macht damit noch mehr Freude, gehört zu werden!

 

Fakten

Erstveröffentlichung: 27. September 2019
Label: Partisan Records
Bestell-Nummer: PTK21751
Pressung:
Inhalt: 150g Vinyl
Besonderheit: Klappcover


Trackliste

Seite 1

1. Rescuer 5:09
2. Footsteps 3:31
3. Womb 4:55
4. Wakers Of The Wind 4:11
5. Merrouh 4:17

Seite 2

6. This Place 5:04
7. A Quiet Home 4:44
8. Ana Wayek 3:58
9. Does Anybody Sleep 4:49
10. Everywhere We Looked Was Burning 4:37