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Ein melodisches und zugleich virtuoses Album von Dominic Miller und seinem Quintett | Foto: Gildas Bocle

Auch Wohlfühlmusik ist eine Kunstform, insbesondere, wenn sie von einem so genialen Gitarristen wie Dominic Miller zelebriert wird. „Absinthe“ ist allerdings beileibe keine Entspannungsmusik - im Gegenteil! Der rote Faden zu Sting wird wieder aufgenommen - die Rezension erläutert die Besonderheiten dieser ECM-Schallplatte deluxe!

 

Dominic Miller - Absinthe (LP, 180g Vinyl)

Wieder einmal sitzt man staunend vor der Stereoanlage, wenn dessen Herzstück - der Schallplattenspieler - eine Vinyl der Extraklasse abspielt. Sie stammt von ECM Records, was für den Kenner zweifellos keine Überraschung ist. Deren Qualitätsniveau gehört seit Jahrzehnten zum Maß der Dinge, von der Gestaltung der Plattencover bis hin zum ausserordentlichen Klang der Aufnahmen und stets hervorragenden Pressungen. Trotzdem ist es immer wieder eine besondere Freude, wenn eine solche LP auf dem Plattenteller liegt. Das zweite Werk von Dominic Miller bei ECM hat zudem noch andere Vorzüge.

 

Im Rausch der Klänge

Dominic Miller Absinthe Vinyl ECM 2614Bei seinem ECM-Debüt „Silent Light“ (VÖ. 2017, ECM 2518) beschränkte sich Dominic Miller noch auf solistische bzw. Duo-Darbietungen. In der zweiten ECM-LP „Absinthe“ findet sich der Gitarrist in einem Quintett wieder, das auf erstaunliche Weise einen Teil seiner eigenen, wichtigen Phase aufgreift. Nämlich sein Wirken bei Sting, den Miller mittlerweile seit drei Jahrzehnten begleitet!

In dieser Gruppe finden sich zwei Musiker, die ebenfalls mit Sting zusammengespielt haben, Dominic Miller ist hier also in bekannter Gesellschaft. Einer meiner Lieblings-Schlagzeuger - Manu Katché - hatte bei dieser Aufnahme eine wesentliche Rolle, die man sowohl von den Sting-LPs als auch seinen vielen eigenen Platten her kennt: ein dynamischer bis wuchtiger Anschlag paart sich mit gefühlvollen, sanften Begleiten der Mitspieler. Der zweite Mann ist Bassist Nicolas Fiszman, der bei dem Ex-Police-Sänger die Saiten schwingen liess. Bei „Absinthe“ kommt ihm die Rolle eines geerdeten Rhythmiker zu, die er hörbar prima ausfüllt.

Einen wesentlichen Anteil am musikalischen Oeuvre dieser Schallplatte hat zweifellos Santiago Arias am Bandoneon, das nicht selten einen südfranzösischen Flair verbreitet. Seine Virtuosität zeigt hingegen genau diese Schnittmenge zu ECM Records, die neben der unverkennbaren Neigung zur eleganten Melodie auch kreative Ausbrüche möglich macht. Dies macht die zehn Stücke, übrigens alles Eigenkompositionen von Miller, so lebendig und zugleich auch so hinreissend schön. Wobei ich Keyboarder Mike Lindup (Level 42!) nicht vergessen möchte zu erwähnen, dem sein dezentes Wirken im Hintergrund auf raffinierte Weise dem Sound fein zugute kommt.

Natürlich steht der Gitarrist im Mittelpunkt des Geschehens und ist doch nicht dominant. Dominic Miller variiert geschickt zwischen Klangmalerei, technisch ausgereiftem Fingerpicking und harmonischen Zusammenspiel mit seinen Partnern. Er füllt scheinbar selbst die Pausen mit dem Schwingen der Saiten aus, es ist ein Genuss, ihm zuzuhören. So überraschend es für einen so großartigen Solisten wie Miller wirkt, in dieser Quintett-Formation scheint er noch einmal auf ganz besondere Weise aufzublühen. Die Interaktion mit den Mitspielern ermöglicht ihm offensichtlich neue Formen der Ausdrucksweise zu entdecken. In „Absinthe“ hören wir sie. Meine Empfehlung!

 

Fakten

Erstveröffentlichung: 1. März 2019
Label: ECM Records
Bestell-Nummer: ECM 2614
Pressung: Record Industry
Inhalt: 180g Vinyl
Besonderheit:


Besetzung

Dominic Miller - guitar
Santiago Arias - bandoneon
Mike Lindup - keyboard
Nicolas Fiszman - bass
Manu Katché - drums

Aufnahmen Februar 2018 in den Studios La Buissonne, Pernes-les-Fontaines in Frankreich


Trackliste

Seite 1

1. Absinthe 5:28
2. Mixed Blessing 4:48
3. Verveine 1:45
4. La Petite Reine 2:14
5. Christiania 4:30

Seite 2

6. Étude 5:42
7. Bicycle 3:52
8. Ombu 3:41
9. Ténèbres 4:23
10. Saint Vincent 5:27