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Per Gessle mit schwarzer Brille

Eine der Überraschungen im Herbst 2018: Per Gessle! | Foto: AndersRoos

Ein unscheinbares Album, das seine wahre Größe erst als Schallplatte mit seiner besonderen Klang-Charakteristika offenbart: „Small Town Talk". Per Gessle, ein Teil des berühmten, schwedischen Pop-Duos Roxette, hat mit dieser Doppel-LP ein Werk geschaffen, das einer genauen Betrachten bedarf, einem genauen Zuhören. Die Rezension.

 

Per Gessle - Small Town Talk (2 LP, 180g Vinyl)

Irgendwie hat Per Gessle, so wie er für das Plattencover posiert hat, etwas von Ton Petty. Für mich schon mal ein Grund, dieses Album zu mögen. Doch ich gestehe, mich bei ersten digitalen Vorab-Reinhören mit „Small Town Talk" schwer getan zu haben. Die Musik hat mich einfach nicht gefesselt, nicht berührt. Das änderte sich, wie so oft, als die Vinyl-Ausgabe auf meinem Plattenspieler rotiert hat.

 

Die Magie der Melodien

Per Gessle-Small Town Talk VinyljpgSchon die erste Nummer, das stark Country-lastige „There's A Place" hat ein so catchy Feeling, dass man unweigerlich nach dem zweiten Hördurchgang beginnt, das Lied mitzusummen. Das Songwriting zeigt sich gerade bei einer solchen Nummer so ausgereift und clever arrangiert, dass man diese Melodie aufsaugt wie ein Schwamm das Wasser. Ähnlich fesselnd wirkt das opulente und rhythmisch treibende „The Finest Prize", das mit einem kräftigen Bass ausgestattet ist. Hier hören wir eine der vielen Songpartner, die Per Gessle für dieses Werk gewählt hat: Helena Josefsson. Mit der Schwedin hat Per schon öfter zusammengearbeitet, man hört sie hier noch mehrere Male. Ein weiteres schönes Element in diesem Song ist die Violine von Stuart Duncan, die auch im nächsten Stück das Intro besorgt, allerdings mit reduziertem Tempo: „Small Town Talk" ist eine wunderschöne Ballade. Als Sänger stand hier kein Geringerer als Nick Lowe am Mikro!

Eigentlich könnte das Album auch gut mit „Duets" oder ähnlichem betitelt werden. Immerhin sind hier von den 14 Tracks gleich acht Songs mit Sängerinnen und Sängern arrangiert. Eines der schönsten ist das hinreissende Duett von Per mit Savannah Church: „Far Too Close" gehört zu genau jenen Nummern, die ich oben mit dem eingängigen Charakter beschrieben habe. Sie hat jenen magischen Moment, der Gänsehaut verursacht!

Ein anderer Grund für die für mich unerwartete hohe Qualität dieser Doppel-LP ist freilich die weitgehend akustische Ausrichtung, elektrische Instrumente sind so gut wie kaum präsent. Der klangliche Aspekt ist ein weiterer Pluspunkt, auch wenn die vier unterschiedlichen Aufnahme-Studios zu einer minimal differierenden Ergebnis führten. Der größte Teil entstand in Nashville. Lokale Musiker sorgten dabei nicht nur für eine hohe spieltechnische Güte, sondern auch für den Flair, den dieser musikalische Schmelztiegel nun mal zu bieten hat.

Die Texte wurden übrigens von Per Gessle ursprünglich in Schwedisch verfasst. Doch die in Stockholm lebende amerikanische Musikerin, Songwriterin und Produzentin Sharon Vaughan - mehrfach für den Country Music Hall of Fame nominiert - hat ihn offensichtlich zur englischen Version motiviert. Und das zweifellos erfolgreich, absolut. Auch das zählt bei „Small Town Talk" zu den besonders gelungenen Aspekten.

Viele der Songs sind im reduzierten oder mittleren Tempo komponiert. Einige wenige sind etwas schneller, eines ragt für mich in seiner Wirkung heraus: „Name You Beautiful". Dieses üppige und fast wuchtige, mit Violinen fein ausgestaltete Stück hat so viel Kraft und Energie, dass man förmlich die Leute über die Tanzfläche fliegen sieht! Überhaupt, man kann Staunen, wieviel Abwechslung Per in diese 14 Tracks (der letzte ist ein Remix zu „Far Too Close") hineingepackt hat.

Schwedischer Pop mit Country / Americana vereint, das ist clever. Für mich ein ausserordentliches Erlebnis, was ich wahrlich nicht erwartet habe - eine Top-Empfehlung!

 

Fakten

Erstveröffentlichung: 7. September 2018
Label: Elevator Entertainment / BMG Rights Management
Bestell-Nummer: 538415381
Pressung: optimal media
Inhalt: 2x 180g Vinyl, Klappcover, Bonus-CD
Besonderheit: Innenhüllen mit Songtexten bedruckt

 

Besetzung

Per Gessle - acoustic guitar, harmonica, vocals
Anders Herrlin - bass guitar, sonic vibes
Helena Josefsson - vocals
Christoffer Lundquist - acoustic & electric guitar, bass guitar, double bass, keyboards, mandolin, flute, banjo, percussion, backing vocals
Clarence Öfwerman - keyboards

Dan Dugmore - pedal steel guitar, dobro
Stuart Duncan - violin
Elizabeth Goodfellow - drums, percussion
Magnus Börjeson - bass guitar, sonic vibes
Savannah Church - vocals on "Far Too Close"
Andreas Quincy Dahlbäck - drums, percussion
Tomas Ebrelius - violin
Ola Gustafsson - pedal steel guitar, electric guitar
Linnea Henriksson - backing vocals on "For The First Time"
Nick Lowe - vocals on "Small Town Talk"
Mickey Raphael - harmonica
Jessica S - vocals on "Rudy & Me"
Malin-My Wall - violin.

Aufnahmen zwischen Oktober 2016 und Januar 2018:
- Blackbird Studios, Nashville, Tennessee, USA
- Aerosol Grey Machine, Vallarum, Schweden
- Tits & Ass Studio, Halmstad, Schweden
- Durango Recording, Stockholm, Schweden

 

Trackliste

Seite 1

1. There's A Place
2. The Finest Prize / feat Helena Josefsson
3. Small Town Talk / feat Nick Lowe
4. Simple Sound

Seite 2

5. Far Too Close / feat Savannah Church
6. Hold On My Heart / feat Helena Josefsson
7. No One Makes It On Her Own / feat Helena Josefsson
8. Being With You

Seite 3

9. It Came Too Fast
10. Name You Beautiful / feat Helena Josefsson
11. For The First Time / feat Helena Josefsson

Seite 4

12. One Of These Days
13. Rudy & Me / feat Jessica S
14. Far Too Close (Alex Shield Remix)