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Jonas Sjøvaag (rechts) und Juhani Silvola (links)

Diese beiden Herren haben ein höchst interessantes Jazz-Album geschaffen!

Ein Blick auf das Plattencover könnte den Vinyl-Fan auf falsche Gedanken bringen. Nein, „Music For Cities", die LP von Jonas Sjøvaag und Juhani Silvola stammt nicht von ECM Records. Was diese Schallplatte sonst noch für Überraschungen parat hat, möchte ich euch in der Rezension erklären.

 

Jonas Sjøvaag & Juhani Silvola - Music For Cities (LP, 180g Vinyl)

Die Ästhetik der ECM-Plattencover gehört zu den Erfolgsrezepten des renommierten Münchner Plattenlabels. Der hohe Wiedererkennungswert sorgt dafür, dass der Vinylfreund schon beim Betrachten der Hülle eine gewisse Vorfreude entwickelt und ahnt, dass ihn anspruchsvolle, hochwertige Musik erwartet. Nun stammt „Music for Cities" nicht von ECM, für die Gestaltung ist Jonas Sjøvaag, Schlagzeuger und Komponist, verantwortlich. Mit dem finnischen Gitarristen Juhani Silvola zusammen hat er ein Album geschaffen, dass durchaus in den Gefilden von ECM zuhause sein könnte, in mehrfacher Hinsicht.

 

Musikalische Experimente - Music For Cities

Jonas Sjovaag Juhani Silvola VinylDie Beiden sind Teil der Skandinavischen Jazz-Szene, die immer wieder durch ihr hohes Niveau weltweit Anerkennung findet. Jonas Sjøvaag spielte 2015 eine Platte mit dem Bassisten Arild Andersen ein, der bei ECM seit 1975 zu den Hausmusikern zählt. Eine weitere schöne Zusammenarbeit ist die mit dem Karl Seglem's Acoustic Quartet, die 2017er LP „Nordic Balm" ist ein Highlight für Liebhaber nordischer Klänge (siehe Review). Die wesentliche Heimat von Sjøvaag ist allerdings das Eple Trio, welches 2017 die sensationelle LP „5" veröffentlichte (siehe Review). Und weil er sein Handwerk nicht nur am Schlagzeug versteht, sondern auch als Tontechniker mit einem eigenen Studio agiert, ist auch „Music for Cities" ein feiner akustischer Genuss.
Davon profitiert auch Juhani Silvola, der sich mit unterschiedlichen Arbeiten einen guten Ruf erarbeitet hat. Für Juhani Silvola ist die Verbindung zwischen Rock und Jazz nicht unbekannt, seine 2016er CD „Strange Flowers" bekam bei Kritikern gute Noten. Ansonsten ist er mit Sarah-Jane Summers sehr erfolgreich, hier dann mehr in Verbindung zu Folk-Themen.

Music For Cities" ist ein stilistischer Exkurs, der keine Schranken kennt. Obwohl der experimentelle Jazz die Basis der Platte darstellt, so lässt insbesondere Silvola Elemente aus allen möglichen Bereichen erkennen. Im anfangs langsam intonierten „Soft Milieu" greift er sehnsüchtige Klänge auf, die an Country und eigentlich auch eine gewisse „Paris-Texas"-Atmosphäre erinnern. Das bleibt allerdings nicht so und kennzeichnet die Vorgehensweise bei diesen fünf Kompositionen: sowohl der Takt als auch die Energie nimmt zum Ende des Stückes zu, es nimmt funky Züge an. Die zweite Nummer ist eher düster gestaltet, „Underground" wird dem Titel gerecht. Die Gitarre klingt (bewusst) verzerrt, was der Nummer einen etwas klaus­t­ro­pho­bischen Charakter verleiht, zumal Sjøvaag einen Takt in Slow Motion anschlägt. Auch hier wird alles zum Ende hin wild und wirr, ein akustisches Gewitter im Untergrund.

In „Epicentric" lassen die beiden Protagonisten ihren Klängen viel Raum zur Entfaltung, der Gitarre wurde viel Hall unterlegt, was das Ganze sehr atmosphärisch wirken lässt. „La Peste" ist zu Anfangs erst mal nur eine Soundkollage ohne harmonische Bezüge, das sich nach einigen Minuten in ein rhythmisches, fast hypnotisches Geschehen wandelt. „Quiet and Deadly" hat wieder einen anderen Charakter, wirkt progressiver und dynamischer. Die E-Gitarre kommt wieder verzerrt und fast Stakkato-artig, Sjøvaag unterstützt dies mit schnellen Besen-Schlägen auf der Trommel. Eine Nummer, die man ob ihres enervierenden Faktors anstrengend findet oder aufgrund der intensiven Spielweise gierig einsaugt.

Music For Cities" ist kein Album für den gemütlichen Jazzabend zwischen Coleman Hawkins und Louis Armstrong. Dieses Werk der beiden Skandinavier richtet sich an Musikfreunde, die anspruchsvolle und progressive, moderne Klänge zu schätzen wissen. Da diese Schallplatte auch klanglich überzeugt, kann man die Finessen der Musiker noch mehr entdecken und erleben.

 

Fakten

Erstveröffentlichung: 13. April 2018
Label: Shipreckords
Bestell-Nummer: SHPWRK020
Pressung: Eldorado
Inhalt: 180g Vinyl
Besonderheit: Mastering mit Studer A80

 

Besetzung

Juhani Silvola - guitar
Jonas Sjøvaag - drums

 

Trackliste

Seite 1

1. Soft Milieu
2. Underground

Seite 2

3. Epicentric
4. La Peste
5. Quiet and Deadly

 

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