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Voller Energie und Vitalität, ideenreich und innovativ: das Vijay Iyer Sextet | Foto: Lynne Harty

Um die Entwicklung der zeitgenössischen Jazz-Szene muss man sich keine Sorgen machen, solange es Musiker wie Vijay Iyer gibt. „Far From Over" - das fünfte ECM-Album des US-amerikanischen Pianisten strotzt nur so von Energie und eklektischen Ideen. Sein Sextett lässt uns nach dem Hören dieser Doppel-LP atemlos zurück! Die Rezension der Schallplatten-Ausgabe.

 

Vijay Iyer Sextet - Far From Over (2 LP, 180g Vinyl)

Wie so viele erstklassige Jazzer hat Vijay Iyer schon sehr früh eine musikalische Ausbildung bekommen und später an der University of California Berkeley studiert. Was trotzdem ungewöhnlich ist, sind die zahlreichen Auszeichnungen und Preise, die der US-amerikanische Pianist und Komponist mit indischen Wurzeln seither eingesammelt hat. Immer wieder standen seine Platten unter den Bestenlisten und wurden als „Album des Jahres" bezeichnet, 2010 erhielt seine Gruppe den ECHO Jazz als bestes internationales Ensemble. 2012 gewann Iyer den Kritikerpreis der Zeitschrift Down Beat als erster Musiker in gleich fünf Kategorien, drei Jahre später wurde er als Jazzmusiker des Jahres gewählt. Es dürfte nicht verwundern, wenn er diesen Weg mit der 2017er Platte „Far From Over" fortsetzt.

 

„Far From Over" - ein Kandidat für den nächsten Jazz-Preis?

Vijay Iyer Sextet-Far From Over ECM 2581 VinylDie ersten, sanften Töne täuschen zunächst, denn mit „Poles" startet dieses Album furios und energiegeladen. Auch wenn die Bläser klassischen Themen folgen, die Rhythmik und Melodien finden hier eigene, variable Wege. Gerade im nachfolgenden Titeltrack „Far From Over" ergibt sich ein aufregendes Ineinanderlaufen der Linien aller Protagonisten - ein wildes Durcheinander würde der Laie sagen. Tatsächlich hat Vijay Iyer mit seinem Piano eine stringente Richtung vorgegeben, der seine Mitspieler auf ihre ganz eigene Weise folgen. Das Ergebnis ist ein lebendiger, vitaler Jazz, der sich auf einen erdigen Groove aufbaut. Funky präsentiert sich „Nope", das mit seinem schleppenden Beat Platz für feine Soli bietet.

Vijay Iyer bedient sich keiner gängigen Texturen, sondern entwickelt seine Ideen in ein fast schon avantgardistisches ausgerichtetes Geschehen, was an Leute wie Pharaoh Sanders oder John Coltrane erinnert. Trotzdem blickt Iyer nicht zurück, er baut im Gegenteil wie selbstverständlich neoklassizistische Themen in seine Kompositionen ein und entwickelt daraus eigenen Einfälle. Sowohl an seinem Piano als auch bei den Bläsern entstehen so virtuose Improvisationen, die einen schon mal staunen lassen. Auch wenn zwischendrin, wie z.B. „For Amiri Baraka" oder „Into Action" ruhigere Nummern zum Zurücklehnen und Durchschnaufen dabei sind, hat Vijay Iyer ein wahrlich vitales Album geschaffen. Und Tracks wie „Wake" erweisen sich als atmosphärisch äusserst spannend inszeniert, hier baut er auch elektronische Zutaten mit ein. Graham Haynes ist gerade bei diesem Stück ein kongenialer Partner!

Die drei LP-Seiten von „Far From Over" erschließen sich einem nicht sofort, dafür ist es zu komplex und virtuos gestaltet. Lässt man sich als Jazz-Liebhaber darauf unvoreingenommen ein, so entfaltet sich ein Werk ersten Ranges, dessen Facetten sich erst allmählich offenbaren. Es würde mich nicht wundern, wenn Vijay Iyer dafür die nächste Auszeichnung erhält, es wäre verdient.

 

Fakten

Erstveröffentlichung: 6. Oktober 2017
Label: ECM Records
Bestell-Nummer: ECM 2581
Pressung: optimal media
Inhalt: 2x 180g Vinyl
Besonderheit: Klappcover, Download-Code, Seite 4 unbespielt

 

Besetzung

Vijay Iyer - piano, Fender Rhodes
Graham Haynes - cornet, flugelhorn, electronics
Steve Lehman - alto saxophone
Mark Shim - tenor saxophone
Stephan Crump - double-bass
Tyshawn Sorey - drums

Aufnahmen April 2017 in den Avatar Studios in New York, USA

 

Trackliste

Seite 1

1. Poles 7:49
2. Far From Over 6:15
3. Nope 5:41

Seite 2

4. End Of The Tunnel 2:17
5. Down To The Wire 7:43
6. For Amiri Baraka 3:22
7. Into Action 5:00

Seite 3

8. Wake 4:46
9. Good On The Ground 6:32
10. Threnody 8:24

Seite 4

Leer / unbespielt

 

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