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Ein Glücksmoment vor dem Plattenspieler: Das Studio Konzert von Johannes Mössinger New York Quartet

Es verblüfft immer wieder, wie man in den Bauer Studios Klangfarben, Dynamik und allerfeinste Details einer Aufnahme auf das Tonband bringt und daraus eine perfekte, rein analoge AAA-Schallplatte hinzaubert. So kann man die Musik des Jazzpianisten Johannes Mössinger und seinem New York Quartet in vollen Zügen geniessen. Die Rezension bei Vinyl-Fan.de erzählt von knapp 47 Minuten purer Jazz-Lust.

 

Johannes Mössinger New York Quartet - Studio Konzert (LP, 180g Vinyl)

Johannes Moessinger New York Quartet-Studio Konzert VinylDie Ludwigsburger Jazztage haben eine guten Ruf. Immer wieder treten dort internationale Stars auf, so in diesem Jahr 2016 u.a. Billy Cobham. Ein Jahr zuvor standen auf der Bühne des Bauer Studio 1 ein deutscher Pianist zusammen mit Musikern der New Yorker Jazzszene, der längst international bekannt geworden ist: Johannes Mössinger. Er sorgte dafür, dass dieses Festival einen glanzvollen Höhepunkt hatte, den die anwesenden Besucher nicht vergessen werden.

Der musikalische Werdegang von Johannes Mössinger ist bei den fünf Stücken, die während des Studio Konzert gespielt wurden, unüberhörbar. Wikipedia nennt Einflüsse von „Jazzmusikern wie Wolfgang Dauner oder Joachim Kühn, aber auch von klassischen Komponisten und Künstlern wie Schostakowitsch, Glenn Gould oder Eric Satie". Man erlebt hier Elemente aus 50 Jahren Jazzgeschichte und wiederum moderner Klassik. Um es gleich auf den Punkt zu bringen: die vier Musiker haben einen brillanten Vortrag geleistet! Und das auch hinsichtlich der Tatsache, dass es bei diesem Live-Mitschnitt keine Möglichkeiten für mehrere Takes, wie bei einer normalen Studio-Produktion, gab.

Vier der fünf Stücke sind Eigen-Kompositionen, eine stammt aus der Feder von Sonny Rollins („Doxy"). Schon mit den ersten Takten - Calvin Jones malträtiert die Saiten seines Kontrabasses - wird klar, dass dieser Abend nicht langweilig wird. Ryan Carniaux bringt reizvolle Melodiebögen auf seiner Trompete und Schlagzeuger Karl Latham sorgt mit pointierten Drumkicks für Spannung. Doch bei dem Einsatz des Pianos kommt ein Groove zustande, der einem schlicht den Atem nimmt - „Reloaded" ist ein starker Auftakt!

An dieser Stelle kurz eingeworfen: der Steinway & Sons D-274 Konzertflügel aus den 1920er Jahren (das Haus-Piano in den Bauer Studios!), den Mössinger bei diesem Konzert spielte, sorgt für ein einzigartiges Klangerlebnis. Vermutlich beflügelt dieses Kunstwerk eines Instrumentes jeden Pianisten, der es bedienen darf.

Zurück zum nächsten Stück: „Dance With Her" ist für mich die schwächste Nummer des ansonsten grandiosen Auftritts. Ein hektischer Drum-Beat, flankiert von einem ebenso schlichten Bass-Spiel (von einem klasse Solo abgesehen), wird von mehreren, in meinen Augen uninspierirten Piano-Akkorden kontrastiert - geschenkt.
Sehr schön dagegen ist definitiv die Ballade „Doxy", bei der Mössinger zu den Fender Rhodes wechselte. Zusammen mit Trompeter Ryan Carniaux ehrte er den großen Sonny Rollins, der anno 1954 mit dieser Komposition einen weltweit bekannten Jazz-Standard ins Leben gerufen hatte.

Seite 2 dieser Schallplatte ist für mich, trotzdem die erste Plattenseite bereits voll überzeugte, die bessere. Im flotten „Variations in G-Major" kommen oben genannte Einflüsse aus Jazz und Klassik zusammen, wenn gleich das Ganze einem Hardbop-Ausflug gleicht, der gut und gern bei einem Miles Davis Quartet der 60er Jahre vorbeigeschaut hat. Das will heißen, der Groove ist mitreissend und das Trompeten-Spiel wahrhaft prächtig.
Bei Beginn des letzten Stückes bitte nicht erschrecken: zwei brutal laute Gong-Schläge leiten eine fast 18 Minuten dauernde „Suite 4-2-5" ein! Dieses bunte Potpourri mit Worten zu beschreiben, ist kaum möglich, um dieser Inszenierung gerecht zu werden. Zu vielfältig sind Rhythmen, Klangfarben, Melodien und Wechsel der Tempi - immer wieder wechselt die Führung der Protagonisten. Wunderschön ist zweifellos das Solo von Carniaux, welches Mössinger mit dem Flügel gefühlvoll aufgreift. Spätestens an dieser Stelle dürfte jedem Besucher klar geworden sein, dass er einem besonderen Event beiwohnen durfte.

Gäbe es ganz viele solcher Jazz-LPs wie diese, würde man nur noch schwer erkennen, wann es sich um ein Highlight handelt. Doch zum Glück ist dem nicht so. Es gibt viele gute Jazz-Neuerscheinungen und selbstredend viele Klassiker. Nur derartige Glücksmomente, die sowohl brillanten Klang als auch hochwertigen Jazz vereinen, sind heutzutage rar. Das Studio Konzert von Johannes Mössinger New York Quartet ist einer von diesen!

 

Fakten

Erstveröffentlichung: 2016
Label: Neuklang
Bestell-Nummer: NLP 4135
Pressung: Pallas
Inhalt: 180g Vinyl, Klappcover handnummeriert.
Besonderheit: rein analog produziert (2-Spur Studer A820), Erstauflage auf 500 Stück limitiert.

 

Technik

Rein analoges direct-to-2-track-recording:

Mikrofone: Audix D6, Neumann U 47/67, AKG C 414/480/D112, Beyerdynamic M 88 N, Schoeps MK 4
AMS Neve VXS Konsole 60-Channel Patchbay
Studer A 820 Bandmaschine

 

Die Besetzung

Johannes Mössinger - piano, fender rhodes
Ryan Carniaux - trumpet
Calvin Jones - double bass
Karl Latham - drums

Aufnahme 19. November 2015 in den Bauer Studios, Ludwigsburg.

 

Trackliste

Seite 1

1. Reloaded 6:49
2. Dance With Her 9:50
3. Doxy 5:19

Seite 2

4. Variations in G-Major 6:52
5. Suite 4-2-5 17:55

 

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