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Wako & Oslo Strings

Sieben Musiker aus Norwegen haben eine beeindruckende Jazz-Klassik-Symbiose geschaffen

Die norwegische Szene ist reich an exzellenten Musikern, das wissen wir nicht erst seit Jan Garbarek, Nils Peter Molvaer oder dem famosen Ensemble TrondheimSolistene. Schubladendenken ist den Norwegern fremd, weshalb Musikstile immer wieder ineinander übergehen. So ist es auch bei Wako & Oslo Strings! Hier die Rezension zur LP „Modes For All Eternity".

 

Wako & Oslo Strings - Modes For All Eternity (LP, Vinyl)

Man möge es mir nachsehen, wenn ich zu sehr von dieser Platte schwärme. Denn auch, wenn sie anstrengende Free-Passagen enthält, so kommen die raffinierten und manchmal einfach grandiosen Kompositionen meinem Verständnis für Jazz einfach perfekt nahe. Hinzu kommt, dass die Aufnahmequalität gelungen ist, ohne nun gleich den Stempel des Audiophilen haben zu müssen.

 

Quartett plus Streicher - eine reizvolle Kombination

Wako Oslo Strings-Modes For All Eternity VinylModes For All Eternity" ist das zweite Werk des norwegischen Jazz-Quartetts Wako: Pianist Kjetil André Mulelid, Altsaxophonist Martin Myhre Olsen, Bassist Bardur Reinert Poulsen und Schlagzeuger Simon Olderskog Albertsen. Für die Aufnahmen zu diesem Werk gesellten sich noch drei Streicher hinzu, die sich schlicht Oslo Strings nennen. Sieben Musiker plus dem Gast-Trompeter Erik Kimestad Pedersen sind es also, die eine Platte eingespielt haben, welche sich wohltuend vom vermeintlich nordisch kühlen Jazz abhebt.

Das Album trägt zweifellos die Handschrift von Olsen, der die Stück komponiert hat. Das Ganze ist überaus spannend geworden. Die Streicher sind hier nicht Beiwerk, sondern integraler Bestandteil. Das ist bereits bei der ersten Nummer deutlich zu erkennen, bei dem die Improvisation im Vordergrund steht und nicht etwa die formale Strenge, wie sie in der Klassik vorherrscht. Bei „King Of Kings" ist Martin Myhre Olsen zweifellos schnell in seinem Element, er entlockt seinem Altsaxofon so ziemlich alle Töne, die damit möglich sind.
Sappho's Theme" hingegen beginnt mit einem kammermusikalischen Streicher-Akt, der in entspannte Piano-Akkorde übergeht. „Carla" beginnt Rhythmus-betont, die Melodie ist funky. Bassist Poulsen zeigt hier mit einem klasse Solo, wie bedeutsam ein Kontrabass in einem Quartett sein kann.

Damit kommen wir zur fünfteiligen, fast zwanzigminütigen Suite „Modes for All Eternity". Eingeleitet wird sie in „Eternal" von einem Saxofon-Solo, zu dem sich mit variablen Tempi alle Instrumente hinzugesellen. Doch noch bekommen die einzelnen Elemente improvisatorische Freiheiten, die sich schließlich zu einem üppigen Klanggebilde auftürmen. Im zweiten Satz „I Died For Beauty" schleppt sich ein schlichter Piano-Akkord dahin, kontrastiert von den Streichern und einem wehmütigen Saxofon - eine großartige Symbiose.
Auch der dritte Satz startet solistisch, hier das Cello. Der melancholische Start mündet jedoch schnell in einen groovigen Rhythmus, bei dem sich das Piano und Saxofon herrlich abwechseln und auch ineinander überfliessen. Drummer Albertsen sorgt mit dem Besen für einen stimmungsvollen Hintergrund, während alle anderen Instrumente ein buntes Geflecht schaffen. Nach einem kurzen Streicher-Piano Intermezzo (Albertsen trägt mit seinen Sticks den Rhythmus bei) folgt der fünfte und letzte Teil der Suite. In „Rejoice" hat Trompeter Pedersen seinen Auftritt. Mich erinnert das an Don Cherry, wobei die Rhythmik etwas Marschmusik-artiges hat. Nur mit dem Unterschied, dass hier alle Musiker stark interagieren und sich gegenseitig anstacheln.

Für mich kommt der Höhepunkt dieser Schallplatte mit dem Stück „Song For All The Annettes", das lyrisch und rhythmisch ansteckend zugleich kommt. Pianist Mulelid steht etwas im Vordergrund, doch insgesamt zeigt sich dieses Stück harmonischer gestaltet als die bisher gehörten Kompositionen. Den Abschluss bildet das sanfte und atmosphärische „Cold Days, Warm Hearts". Perkussions und Piano-Akkorde werden punktuell in das Gesamtbild hineingetupft, das ansonsten von langgezogenen, melancholischen Streicher- und Bläserklängen bestimmt wird.

Modes For All Eternity" fasziniert. Und zwar insbesondere im verblüffenden Zusammenwirken eines Jazzquartett mit Streichern. Alle Protagonisten tragen gemeinsam zum Gelingen bei, keiner hebt sich ausserordentlich ab. Der Gesamteindruck ist organisch und äusserst lebendig. Auch wenn diese Form des Jazz nicht dem traditionellen Swing und Groove entspricht, so ist es anderseits auch nicht dem Free verfallen. Aufgeschlossene Jazzliebhaber mit der Neigung zu spannenden Klängen werden diese LP lieben!

 

Fakten

Erstveröffentlichung: Januar 2018
Label: AMP Music & Records
Bestell-Nummer: AT013
Pressung: MPO
Inhalt: 150g Vinyl
Besonderheit: limitiert auf 500 Stück, Bonus-CD

 

Besetzung

Kjetil André Mulelid - piano
Martin Myhre Olsen - alto saxophone
Erik Kimestad Pedersen - trumpet
Kaja Constance Rogers - violin
Isa Caroline Holmesland - viola
Kaja Fjellberg Pettersen - cello
Bárður Reinert Poulsen - double bass
Simon Olderskog Albertsen - drums

Aufnahmen 14. und 16. Juni 2017 im Kongelige Danske Musikkonservatorium, Dänemark

 

Trackliste

Seite 1

1. King Of Kings 6:19
2. Sappho's Theme 3:46
3. Carla 4:57
4. Modes For All Eternity
    I. Eternal 4:42
    II. I Died For Beauty 1:55

Seite 2

4. Modes For All Eternity (Fortsetzung)
    III. Africanus 5:59
    V. Intervallic Nightmares 1:15
    VI. Rejoice 5:00
5. Song For All The Annettes 4:22
6. Cold Days, Warm Hearts 5:19